Blog 6: Wenn Frau Lust und Herr Fokus unterschiedlicher Meinung sind …

… dann gibt´s Gewitter … nicht nur in der Birne!

Es gab Zeiten in meinem Leben, da hatte ich zu gar nichts Lust. Ich stand morgens mit einer Hackfresse auf und quälte mich durch den Tag. Mir war alles zu viel. Für nichts schien ich Kraft zu haben. Am liebsten hätte ich den ganzen Tag nur im Bett gelegen und an die Decke gestarrt. Und selbst das … war manchmal schon … zu viel …

Und heute?

Ich leide immer noch an einem Zuviel … aber in ganz anderer Form. Ich möchte sooo Vieles machen, ich habe auf soooo vieles LUST. Damals bremsten mich meine Depressionen … und heute? Die Zeit? Nein, nicht wirklich. Eine Angst? Vielleicht! Welche könnte es sein? Die Angst als glühende Lava alles um mich rum in Schutt und Asche zu legen? Die Angst vor einem anderen Zuviel?

Manchmal habe ich das Gefühl, mit einer Schrotflinte auf zwanzig Ziele gleichzeitig zu zielen. „Herr Fokus“ nickt zustimmend und hofft, dass ich mir das abgewöhne. Er möchte die alleinige Aufmerksamkeit haben, er möchte, dass die Lava nur seine Felder befruchtet. Das kann ich gut verstehen. Aber wie schaffe ich es, den Lavastrom so zu lenken, dass er nur Herrn Fokus besucht? „Frau Lust“ guckt daraufhin ganz resigniert aus der Wäsche: »Und ich?« … fragt sie fast kleinlaut … um kurz darauf sich energischer Gehör zu verschaffen.

Vielleicht ein Beispiel von heute Vormittag: Ich stolpere die 93 Treppe ins Restaurant hinauf und denke: Eigentlich müsste ich dem Chef der Anlage (mit dem ich seit zwei Jahren sporadischen E-Mail-Kontakt pflege) mal eine Mail schreiben. Ich würde diverse (unverbindliche) Verbesserungsvorschläge machen und mich anbieten, hier, für (>Kost und Logis frei<) ein paar Wochen zu arbeiten. Jeden Tag ein paar Stunden: Die Treppe reparieren; die Bungalows (nach dt. Standard) streichen; etwas erfinden, dass die Stuhlbeine nicht immer in die Ritzen der Terrasse rutschen; die Holzgeländer so bearbeiten, dass man sich nicht die Beine zerschrammt; den Müll der letzten Silvesterparty, der nicht verwesen kann, aus dem Garten sammeln; eine Möglichkeit finden, wie man vom Steg heil ins Wasser gelangen kann und wieder raus; usw. Aber es geht noch weiter: Als ich den Sohn der Managerin und den Taxiboy sehe, denke ich: Ich hätte jetzt Lust, denen die Haare zu schneiden. Als mich die Köchin freundlich grüßt, grinst mich ein Loch in ihrer Schürze an und ruft: »Stopfe mich! Du machst das doch gerne und kannst das so gut!« Na, ich kann ihr ja schlecht die Sachen vom Leib reißen. Dann frühstücke ich und mich überrollt abermals ein Ideen-Tsunami. Buah! Dann erscheint auf meinem Bildschirm: »Du wolltest dich mehr fokussieren! Vergiss das bitte nicht!« Ja, ja, ich weiß. Also richte ich meine Aufmerksamkeit gezielter auf mich, auf mein Business, und lese mir meine ellenlangen To-do-Listen mehrmals durch. Da rührt sich Widerstand in mir. Denn: Ich habe gerade viel mehr Lust meine privaten E-Mails zu lesen. Ich lese also und werde durch einige so inspiriert, dass es mich fast flasht. Da eine witzige neue Geschäftsidee (die sich echt gut anfühlt); da das Bedürfnis eine lange E-Mail zurückzusenden; dort die Erkenntnis: Ich sollte vielleicht besser alle To-do-Listen abschaffen und nur nach meiner Intuition folgen. Mein Bauch wird mir schon sagen, was heute erledigt werden muss. Dann brüllt mein Kopf zurück: »Bist du bescheuert? Organisiere dich besser! Lass diesen spirituellen Kram! Jetzt geht’s ums Business.« Also doch wieder To-do-Listen schreiben und kühlen Kopf bewahren? Aber umgehend meldet sich die Lust, mal auf so eine legendäre Party zu gehen. Ich möchte tanzen. Ja, ich habe riesige Lust zu tanzen. Am liebsten nackt. Also rein in den Bungalow, Musik anmachen, Klamotten vom Leib, Augen zu und tanzen? Das würde mir gut tun. Aber mein innerer Aufpasser ist die reinste Spaßbremse und ein elender Antreiber. Ein richtiger Sklaventreiber eben. Er erinnert mich wieder und immer wieder an Herrn Fokus und meine To-do-Listen. Von Frau Lust hält er gar nicht viel. Sie ist ihm zu… zu … gefährlich? … Meine Fresse, ist das anstrengend!

Irgendetwas läuft verkehrt und ich bin nahe dran, eine Erkenntnis zu haben, die mir weiterhilft. Erst dachte ich: Mein Filter ist kaputt. Er lässt zu viel durch. Ich muss mich mehr abschotten. Deshalb habe ich mich ja auch in dieses Resort hier zurückgezogen. Die Wahrscheinlichkeit, dass mir hier Leute begegnen, die zu mir passen, ist eher gering. Oder löst sich nach den jahrelangen Depressionen ein Staudamm auf, der sprudelnd das Tal flutet? Oder geht’s darum, dass ich meiner Intuition nicht vertraue? Dass meine Leitung zur Quelle, zum Universum, einen Wackelkontakt hat? JA, das scheint es zu sein. Denn diese Antwort passt auch noch zu anderen Fragen, die ich mir in den letzten Tagen gestellt habe. Z.B. warum ich dem Thema Ersatzbefriedigung auf den Leim gegangen bin und warum es nicht wirklich flutscht beim Listenabarbeiten. DAS sind eindeutige Hinweise, dass mir der Kontakt zum Universum flöten gegangen ist. Ist ja auch kein Wunder. Ich drangsaliere mich den ganzen Tag mit meinen To-do-Listen … und abends bin ich (trotzdem) unzufrieden. Denn, kaum dass ich einen Punkt abgearbeitet habe, kommen zwei neue Dinge hinzu. Die Liste füllt sich immer mehr, wird immer länger. Aber sie ganz abzuschaffen, traue ich mich nicht. Da habe ich eine Idee:

Vielleicht kann ich beides kombinieren? Ich frage morgens nach dem Aufwachen: »So liebes Universum … für welche Tätigkeiten ist der heutige Tag geeignet (um meinem Ziel näher zu kommen)?« Und dann lasse ich mir nur die Dinge soufflieren, die ich schaffe, an selbigen Tag zu erledigen. Dann dürfte ich abends zufriedener ins Bett gehen, oder?

Fehlanzeige! An dieser Stelle passt wohl eher das „entweder-oder“ als das „sowohl-als-auch“. Kompromisse sind vielleicht eine gute Erfindung, wenn zwei Menschen unterschiedlicher Meinung sind und sich auf das kleinste gemeinsame Vielfache einigen müssen. Aber in meinem Fall war der Kompromiss irgendwie faul. Also lebe ich jetzt mal ein paar Tage nach meinem Bauchgefühl … ganz ohne Listen. Na, schaun wa mal …!

Willst du etwas ändern in deinem Leben … sei erstmal richtig unzufrieden. Willst du laufen lernen … falle erst einmal hin! Willst du dich selber finden … verliere dich erst einmal. Willst du was schaffen … lerne erstmal, richtig faul zu sein …

Die Unzufriedenheit der letzten Tage hängt mir noch etwas in den Knochen. Meine alten To-do-Listen senden regelmäßig Lockrufe aus. Mal leise und mal etwas lauter. Aber die Erkenntnis, dass ich aufhören muss mit diesen Listen, ist stärker. Und die Neugierde, was passiert, wenn ich nur nach Bauchgefühl arbeite, beflügelt mich zusätzlich. Ich muss einfach wieder mehr vertrauen, dass ich die Dinge erledige, die an dem jeweiligen Tag, nein … nur in diesem jeweiligen Moment … im Hier und Jetzt … dran sind. Und ich muss aufhören mit diesem „Müssen“ … da steckt viel zu viel Druck drin. Und Druck birgt Blockaden. Ja, da kann ich ein Lied von trällern: »Trallalah-tari-tara…«

Mein PC kann dieses Liedchen auch trällern. Ich strapaziere ihn täglich mehrere Stunden und manchmal sogar nachts. Und wenn ich ihm einen sauharten Arbeitstag ankündigte mit ultravielen Mails … dann hat er sich einfach geweigert, online zu gehen … dieser Schlingel. Was lerne ich daraus? Wird der Druck zu stark … einfach mal einen Relaxingday einlegen? Ja, so in der Art. Denn bei ihm hat es auch geholfen: Einen Tag Ruhepause, mal ganz runterfahren (nicht 24 Stunden Standby) und dann neu starten. Mein Papa nannte das (in sozialistischen Zeiten) immer „Reproduktion der Arbeitskraft“.

Und wie sieht das in meinem Fall aus? Ich habe erst einmal mein Denken und meine Wortwahl verändert. Aus: Ich MUSS noch das und das tun … wurde die Frage: Was MÖCHTE ich jetzt am liebsten machen? Und wollte ich gestern noch die ganze Anlage hier umkrempeln, den Kellner vergewaltigen und alle möglichen Konzepte aufstellen … heute ist alles ganz anders. Ich liege auch mal ohne Laptop auf dem Bauch in meiner heiß geliebten Hängematte und entdecke außer dem, was ich sowieso jeden Tag rituell betrachte (Stichwort Felsen), plötzlich Pflänzchen um mich rum, die mir noch nie aufgefallen sind. Ich entdecke Löcher in meinem Bungalow, die ich nicht gleich zustopfen will. Ich entdecke den Zugang zu mir selbst. Denn mein Bauch funkte heute Vormittag: meditiere, meditiere, meditiere! Also wühlte ich geführte Meditationen von Robert Betz, Esther Kochte und Rüdiger Dahlke raus … und zog sie mir ALLE rein. Danach widerstand ich dem Drang, alle meine frischen Erkenntnisse in die Tasten zu hauen … bis eben … hihi.

Nee, alle Erkenntnisse finden jetzt nicht den Weg in meinen Computer. Nur die, die mein Filter (aha, scheine also doch einen zu haben) gerade durchlässt. (Herr Fokus freut sich!)

Z.B. die Botschaft des Warans, der mich neulich beim Sonnenbaden fast zu Tode erschreckt hatte: „Schaue dir die dunkle Seite deines Lebens an und knutsche den männlichen Anteil in dir wach!“ (Das habe ich im Internet in der Rubrik ´Krafttier´ gefunden.) Das hört sich ja megaschlau an. Aber WIE bitte mache ich das? … war dann eine Frage, die mich zwei Tage beschäftigte. Hätte sie mir jemand anderes gestellt, wäre mir wahrscheinlich sofort eine Antwort eingefallen. Aber bei mir selbst stehe ich ja auch gerne mal auf der Leitung. Ich weiß, dass ich es weiß, aber es fällt mir einfach nicht ein. Kennst du das auch? Ein weiterer schlauer Satz dazu wäre: Bist du in der Lage, eine klare Frage zu formulieren, hast du die Antwort schon in dir. Aber manchmal kommt sie auch von außen. Also immer fein Augen und Ohren offen halten, sobald man solch eine Frage gestellt hat! Bei mir kam dann der erste richtig gute Hinweis von einer Freundin per E-Mail: Sie erwähnte Robert Betz. Dann fiel mir ein: Mensch, von dem habe ich irre viele Vorträge und Meditationen auf einem Stic gespeichert in meinem Reisegepäck dabei. Und so zog ich mir u.a. eine sehr wirkungsvolle Meditation rein: „Der Vater deiner Kindheit“. Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte schon oft von dem Zusammenhang gehört und gelesen: Hat man Stress mit dem Chef, hakt es im Job oder beim eigenen Business … ist es ratsam, die energetischen Verstrickungen mit dem Vater zu lösen, in den Frieden mit ihm zu kommen, und sich auf Seelenebene seinen Segen erteilen zu lassen … Das gibt Schaffensenergie.

Nun gut, also ich habe meinem Papa in dieser Meditation gehörig die Meinung gegeigt, indem ich ihm imaginär unter die Nase rieb, was mich (als Kind) alles verletzt hat, was mir gefehlt hat usw., aber auch, was ich total super an ihm finde und wofür ich ihn liebe. Und nun ist mir irgendwie ganz wohlig im Gebälk! Ach, das fühlt sich gut an. Doppelsmile.

Und wie geht’s dem Business und Herrn Fokus damit? Sie haben auch so ihre Erkenntnisse gehabt in den letzten zwei Tagen und sind ganz kleinlaut geworden. Denn, als ich nicht mehr stur nur an meinem Computer hing, wurde ich von Landsleuten angesprochen und es ergaben sich seehr informelle und tiefschürfende Gespräche und … na nennen wir es mal … potentielle geschäftliche Kontakte. Und meinte ich noch vor kurzem, es ist besser, die Klappe zu halten und im eigenen Saft schmorend, meine Listen abzuarbeiten … durfte ich jetzt feststellen: NEE! Für mich passt es gerade besser, mit Leuten zu reden, die meine Sprache sprechen. Ich übe das, was mir mein Coach als Hausaufgabe aufgab: Mache die Leute neugierig! Bringe sie dazu, dass sie fragen, wie sie an dein Buch gelangen können. Und erzähle jedem, was du sonst noch so vorhast. … Denn: das Universum ist unergründlich. Die „Hilfsmittel“ des Universums sind oftmals unlogisch, überraschend und originell. Aber die Wirkungen sind immer passgenau. Amen.

Und nachdem ich drei Tage lang meine To-do-Listen verteufelt habe und rein intuitiv lebte (und auch mal richtig faul war), habe ich etwas sehr Putziges feststellen dürfen:

  1. ohne den Anspruch, die Listen abarbeiten zu müssen, fiel es mir viel leichter, sie abzuarbeiten (ohne raufzuschauen). Denn als ich mich mit dem Computer in die WiFi-zone begab, schossen mir (automatisch) die Punkte in den Kopf, die halt dran waren. Und es flutschte wundervoll. Also erst einmal BINGO!
  2. Es ist trotzdem ratsam, eine Liste zu führen. Aha! Aber ich nenne sie nicht mehr To-do-Liste, sondern einfach: Gedächtnisstütze. Der Unterschied ist klein, aber fein. Denn, wenn mir mitten in der Nacht etwas einfällt oder ich während eines Gespräches eine Idee habe oder beim Zahlen im Supermarkt … dann mache ich mir schnell eine Notiz (ohne dem Hintergedanken, dass ich es gleich morgen erledigen MUSS).
  3. Hoch lebe der goldene Mittelweg! Um ihn zu finden, ist es ratsam (oder vielleicht sogar von Nöten?) erst das eine und dann das andere Extrem zu leben. (Und daraus ergibt sich dann auch der Unterschied zu einem Kompromiss.)

Oheyo!

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